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    13.01.2022

    STERN: Nachgefragt bei Kati Wilhelm

    Sie entschieden sich für Ihre rote Haarfarbe, als Sie vom Langlauf zum Biathlon wechselten. Haben Sie nicht mal darüber nachgedacht, nach der Profikarriere Ihr optisches Markenzeichen wieder zu ändern? Solang ich mich noch jung genüg fühle, mit roten Haaren durch die Gegend zu laufen, mache ich das auch. Rot passt gut zu meiner Mentalität.

    Gleich in Ihrem ersten Weltmeisterschaftsrennen 2001 gewannen Sie die Goldmedaille. War das Ihr Plan, sofort einen großen Coup zu landen?
    Nein, da war schon überraschend. Doch durch meine läuferische Stärke und etwas Glück am Schießstand gelang mir bereits bei der ersten WM in Pokljuka diese Überraschung. Eigentlich hatte ich mir ja Zeit bis zu den Olympischen Spielen in Turin geben wollen. Dass es 2001 schon reichte, damit konnte niemand rechnen.

    Vor genau 20 Jahren gewannen Sie das erste Olympische Gold. Ihr schönstes Erlebnis?
    Ein besonderes auf jeden Fall. 2002 in Salt Lake City lief ich noch im Schatten der großen Favoritinnen wie Uschi Disl oder Magdalena Forsberg. In einem perfekten Rennen bei fehlerfreien Schießen und toller Laufleistung gewann ich diese erste Olympische Goldmedaille eher überraschend.
    Die Bedeutung der Goldmedaille bei den darauffolgenden Olympischen Spielen 2006 in Turin ist für mich persönlich höher: Die Erwartungshaltung als Weltcupführende war viel größer, doch ich hielt dem Druck stand und wiederholte den Olympiasieg.

    Bei so vielen gewonnenen Medaillen: Landet auch mal eine in der Schublade?
    Meine Medaillen sind alle gut verpackt. Ich betreibe keinen Personenkult, die Auszeichnungen müssen nicht für alle sichtbar in der Vitrine stehen oder an der Wand hängen. Ein paar meiner schönsten Pokale standen eine Zeit lang noch im Flur, mittlerweile sind sie aber auch auf den Dachboden zu den anderen Ehrungen gewandert. 

    In Ihrer Heimatstadt im Thüringer Wald betreiben Sie Ihr eigenes Restaurant. Stehen Sie selbst auch am Herd?
    Nach der sportlichen Karriere habe ich eine neue Herausforderung gesucht und mein Heimatlon eröffnet. Doch in der Küche bin ich selten anzutreffen. Ich helfe gern im Service mit und wenn es die Zeit ermöglicht bin ich einfach für die Gäste da.

    Wie sehr machten die Corona-Wellen Ihnen zu schaffen?
    Aktuell ist das Heimatlon erneut geschlossen. Wir hoffen auf das Frühjahr und gelockerte Corona-Maßnahmen, sodass Einheimische und Urlauber Restaurantbesuche wieder genießen können. Zum Glück sind mir meine tollen Mitarbeiter erhalten geblieben, auch das ist keine Selbstverständlichkeit!
    Mehr zu schaffen machte mir 2021 die Corona-Welle Daheim. Ich bin einfach keine geeignete Lehrerin für meine Kinder im Homeschooling.

    Sie sind Botschafterin der Invictus Games, einer Sportveranstaltung für kriegsversehrte Soldaten, die 2023 in Düsseldorf stattfindet. Wie kam es dazu?
    Wir sind drei Botschafter für die Invictus Games 2023 aus unterschiedlichen Bereichen: Ein Soldat, der bereits aktiv als Teilnehmer dabei war, ein Athlet aus dem paralympischen Sport, und ich aus dem Leistungssport. Ich war früher Sportsoldatin in der Sportfördergruppe der Bundeswehr, dadurch kam die erste Verbindung zustande.
    Die Invictus Games zeigen für mich eindrucksvoll die große Bedeutung des Sports für eine individuelle Rehabilitation. Alle Teilnehmer haben gewonnen: Sie stellen sich ihrem körperlichen/seelischen Traumata, haben es angenommen und sind wieder zurück im Leben.

    Hat Prinz Harry, der Initiator, Sie persönlich angerufen?
    In Deutschland werden die Invictus Games von der Bundeswehr und der Stadt Düsseldorf ausgerichtet. Mit der Invictus Games Foundation von Prinz Harry hatte ich noch keinen persönlichen Kontakt. Wenn wir 2022 intensiver mit den Vorbereitungen beginnen, hoffe ich doch, dass ich ihn treffen werde.

    Interview: Tobias Ott – erschienen 13.01.2022 Stern