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    25.12.2015

    PRESSE: Kati Wilhelms Weg vom Biathlon zum »Heimatlon«

    Das Heimatlon ist kein Kati-Wilhelm-Erinnerungslokal. Manche Besucher kommen aber nicht wegen der kulinarischen Angebote oder der originellen Schneebesen-Leuchten, sondern weil sie den ehemaligen Sportstar live erleben wollen. »Ja«, gibt sie zu, »es kommen Leute ins Heimatlon, weil sie Kati Wilhelm sehen und sprechen wollen.« 

    Langeweile kennt die 39-Jährige nicht, seit sie 2010 mit dem Leistungssport aufgehört hat. »Ich bin Muddi und ganz gut beschäftigt«, sagt sie und zögert kurz, ehe sie ergänzt« »Aber sicherlich auch nicht die typische Hausfrau.« Neben ihren Kindern und dem Lokal bleibt nicht mehr viel Zeit für anderes, aber dem Sport und dem Biathlon ist sie weiter verbunden. Ohne ihre Eltern ginge das alles aber nicht. Sie wohnen mit ihr und ihrem Lebensgefährten und Vater der Kinder, Andreas Emslander, unter einem Dach. Das Babysitter-Problem ist damit gelöst. 

    Ihr Studium des Internationales Managements hat sich – immer wieder unterbrochen – in die Länge gezogen. Inzwischen hält sie bei Seminaren Vorträge über ihre Zeit als Leistungssportlerin und über Motivation. »Es gibt viele Parallelen zum Wirtschaftsleben«, sagt sie. 

    Im Sommer veranstaltet sie das Kati-Camp für junge Nachwuchstalente in Oberhof. Seit Neuestem ist Kati zudem »das Gesicht« des Familiengolfhotels Spa & Golf Resorts Weimarer Land im thüringischen Blankenhain. Dort ist im Oktober erstmals mit ihr zusammen ein Golf-Biathlon-Spaßturnier ausgetragen worden. Geschossen wird da allerdings mit Laser-Gewehren. Kati Wilhelm und Hotel-Geschäftsführer Matthias Grafe, beide sehr heimatverbundene Menschen, propagieren dort das familiäre und stressfreie Sport- und Freizeitvergnügen. Kati Wilhelm ist ein Synonym für Bodenständigkeit und Glaubwürdigkeit. Wenn sie Zeit dazu hat, will sie künftig mehr Golf spielen. »Ich habe mit Golfen während der aktiven Zeit angefangen, habe die Platzreife gemacht und war in Ruhpolding dann sehr nah am Golfplatz.« In diesem Winter betätigt sie sich wieder als ARD-Expertin und Ko-Moderatorin der Biathlon-Wettbewerbe zusammen mit Michael Antwerpes. Mit ihm hat sie einen unprätentiösen Partner an der Seite, der sie nicht als konkurrierende Spezialistin am Mikrofon betrachtet. Das Team harmoniert. Gerne plaudert sie live am Mikro auch mal aus dem Nähkästchen und sagt was zu den Skiern und wie sie gewachst sind. Das ist nicht ganz ohne, denn im Wachs-Truck der Biathleten haben sie natürlich auch einen Fernseher und bekommen mit, ob sie auch mal was Kritisches sagt. Und dort sitzt oft auch der Biathlon-Cheftechniker des Deutschen Skiverbandes, der gebürtige Bayer Andreas Emslander, mit dem sie seit über zehn Jahren liiert ist. 

    Natürlich denkt sie gerne an ihre Zeit im Leistungssport zurück. Vom Langlauf kommend begann sie 1999 erst relativ spät mit dem Biathlon. »Ich konnte zuerst gar nicht skaten« – und nach wie vor mag sie den klassischen Stil mehr. »Man kann langsamer laufen.« Aber am Berg ist sie damit schneller. 

    Es gibt Momente in der Sportlerkarriere, die man nicht vergisst – auch für Kati Wilhelm, die zur aktiven Zeit in der Sportfördergruppe der Bundeswehr war. »Als ich zum ersten Mal Olympiasiegerin geworden bin, das war natürlich was ganz Besonderes.« Es ging dann allerdings alles so schnell, dass sie es noch nicht so richtig begreifen konnte. 

    Ganz anders sei das dann 2006 beim Sieg in Turin gewesen. »Einzel lief gar nicht, im Sprint hatten wir ein bisschen Pech, dann kam das Verfolgungsrennen, das ich dann mit eineinhalb Minuten Vorsprung gewonnen hatte, und das ist nach wie vor der größte jemals erlaufene Vorsprung im Damenbiathlon. Da kann man dann die letzte Runde schon sehr genießen, eine Fahne nehmen. Das war schon toll.« Da hatte sie öfter mal Tränen in den Augen, sagt sie. 

    Scheu ist Kati Wilhelm nicht, aber die Tatsache, dass sie nach wie vor überall in Deutschland sofort erkannt wird, schreckt sie etwas ab, sich Biathlon-Wettbewerbe von der Zuschauertribüne aus anzuschauen. »Andererseits ist es natürlich auch schön zu sehen, dass man selbst dazu beigetragen hat, dass Biathlon so ungemein populär geworden ist.« 

    Der rote Pagenschnitt wurde zu ihrem Markenzeichen – und »Rot« trägt sie heute immer noch. »Rot passt zu mir«, sagt sie, was nicht politisch gemeint sei. »Ich kann mir nicht vorstellen, wieder mit blonden Haaren herumzugehen.« (GEA)

    Quelle: Reutlinger Generalanzeiger – Jürgen Rahmig