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    23.09.2023

    INVICTUS GAMES: Kati Wilhelm - Die Grenzen der Großen

    Kati Wilhelm hat sich in die Geschichte des Biathlons eingebrannt. Mehr als 15 Jahre sind es seit ihren größten Siegen, und doch: Von überall her kommen die Menschen auf Kati zu. Gewiss ein Vorteil für ihre Rolle als Botschafterin der INVICTUS GAMES DÜSSELDORF 2023 presented by Boeing. Aber nicht der Grund. Womöglich ist es ihr Markenzeichen, das leuchtend rote Haar über dem fröhlichen Lachen? Schauen wir, ob da nicht mehr dahintersteht.

    Hier kommt sie also, groß und selbstbewusst, aber dennoch bescheiden. Sie nimmt sich Zeit und freut sich ehrlich, wenn jemand noch das x-te Selfie mit ihr will. Die Wettkämpfenden und Gäste der Invictus Games in Düsseldorf sind überrascht von ihrer Wärme und Offenheit. Sie hört zu; sie spricht wie die Nachbarin, der man gerne seine Schlüssel und Blumen im Urlaub überlässt. Ein Grund mehr, warum sie das offizielle Gesicht dieser Spiele ist: Die Kati kümmert sich.

    “Ich habe Sport gemacht, richtig gemacht”, sagt sie. „Und jetzt, da kümmere ich mich um den Sport, meine beiden und um andere Kinder. Der Vollständigkeit halber sollte jetzt das Wort Funktionär fallen. Es kommt knäckebrotartig aus Katis Mund. Sie macht das halt, weil es irgendwie dazugehört. Außer beim Vier-Augen-Gespräch mit Marie-Agnes Strack-Zimmermann, da muss auch ein General kurz warten. Man kann sich ja nicht um alle gleichzeitig kümmern.

    Und Kinder, die mag sie am liebsten. Um die kümmere sie sich mit dem Blick der Scharfschützin: “Ich habe eine Botschaft, am liebsten an die Kinder, nicht nur meinen beiden: Erfolg und Vorankommen brauchen Präzision und Ausdauer, gerade im Biathlon. Noch wichtiger ist es aber, dass wie unsere Niederlagen akzeptieren, lernen und damit umgehen. Mit den kleinen und, ja, auch den sehr großen.”

    Hmmm, alles schon mal gehört von Myriaden von verzweifelten ewigen One-Hit-Wondern und abgehalfterten Promis (man nennt sie nun wohlklingend Speaker oder Success) in ihren Endlos-Finissagen auf YouTube? Pardon, hier ist ja Kati, und die fährt einfach fort: “Nach dem Sport habe ich mein eigenes Restaurant in meiner Heimat aufgemacht. Das ‚Heimatlon‘ im Thüringer Wald. Das lief ganz ordentlich.” Tatsächlich lief es ausgezeichnet und es gab mehr als gutes Essen und schönes Ambiente, wenn man die Rezensionen liest. Es atmete den Geist seiner starken, bescheidenen und präsenten Macherin. Und zum Nachtisch gab es ein winziges Stückchen schönere Welt. Im Gespräch schluckt sie jetzt kurz, atmet wie eine, die den letzten Schuss im Stehen beherrscht und schließt mit einem Bäämm: “Dann, acht Jahre später, habe ich mein Heimatlon geschlossen.”

    Eine Niederlage? Die Frage hängt kurz im stillen Raum, dann: “Ich hatte das alles recht gut gemacht. Nur eine einzige Sache habe ich falsch eingeschätzt. Ich hatte null Erfahrung in der Gastronomie, war vollkommen von anderen abhängig. Ja, ich war überfordert auf dem fremden Terrain und habe die Rechnung von den eigenen Leuten bekommen“, verliest sie die Beweisaufnahme und urteilt: „Wenn du das erkennst, dann formuliere das klar und deutlich, auch wenn es weh tut. Dann triff eine Entscheidung oder bitte um Hilfe. So lernt man wirklich.” Schluß fertig, jetzt will sie raus. Zuerst schauen, wie es den Kindern geht. Dann wieder zu den Menschen. Da blüht sie auf und da gehört sie hin. Welchen nächsten Kampf sie in ihrem Kopf gerade vorbereitet, will sie erst aussprechen, wenn sie alles komplett und stimmig hat für sich.

    Autor: Emil Salzeder
    Quelle: Invictus Games 2023