14.02.2018

INTERVIEW: „Laura hat keine Schwäche“

Ostthüringer Zeitung – Olympiasiegerin Kati Wilhelm im Gespräch mit unserem Olympia-Reporter Marco Alles über die Medaillenjagd der deutschen Biathleten, Dahlmeier, Schipulin und ein Missgeschick mit Soju.

Pyeongchang. Vier Rennen, vier Medaillen, davon drei goldene. Die deutschen Biathleten haben einen glänzenden Start hingelegt. Über die Gründe des Erfolges sprachen wir mit einer, die in Pyeongchang selbst Geschichte geschrieben hat: Bei der WM 2009 avancierte Kati Wilhelm mit zweimal Gold und zweimal Silber zur herausragenden Skijägerin. Heute ist die 41-Jährige als Fernsehexpertin im Einsatz.

Frau Wilhelm, ist es „Sanshin“, der die deutschen Biathleten so stark macht?
San, was? Sind das die Lampen, die die Deutschen aufgestellt haben, um Tageslicht in den Unterkünften zu simulieren?

Nein, das ist der koreanische Gott der Berge, den es ja auch hier im Taebaek-Gebirge geben muss.
Hier gibt‘s doch gar keine richtigen Berge. Vielleicht liegt es daran, dass die Deutschen die Spiele ganz normal angegangen sind. Manche wollen es bei Olympia besonders gut machen, sind übervorsichtig und suchen nach dem perfekten Weg – aber das bringt meistens nichts. Wie man an den Norwegern sieht, die bislang versagt haben.

Was ist das Erfolgsgeheimnis?
Vielleicht helfen die schwierigen Windbedingungen, dass sie sich besonders fokussieren, und die wenigen Zuschauer. Hier kommt man sich gegenüber den Weltcups fast unbeobachtet vor.

Laura Dahlmeier findet das gar nicht so schlecht, weil sich der Trubel in Grenzen hält. Ist sie die kompletteste Biathletin aller Zeiten?
Ja, ich glaube schon. Sie hat keine Schwächen, sie beherrscht alles – egal, ob etwas Unvorhergesehenes passiert oder sie Druck bekommt wie am Montag in der Verfolgung von Anastasja Kuzmina. Auch Krankheitsausfälle können sie nicht stoppen, wie wir jetzt sehen. Wenn es etwas zu verbessern gibt, sind es allenfalls die Schießzeiten. Aber das muss sie gar nicht, weil sie ja praktisch immer trifft.

Sie selbst haben sicher nur gute Erinnerungen an Pyeongchang. Haben Sie das Land seit 2009 ins Herz geschlossen?
Ich bin generell offen für neue Kulturen. Mich interessiert das Andere, das will ich ausprobieren. Heute war ich in so einer Suppenküche inmitten von Koreanern und habe eine Rindfleisch-Suppe probiert. Die war lecker, nur beim Getränk lag ich falsch.

Warum?
Neben mir haben alle so eine grüne Flasche gehabt. Die habe ich auch geordert und einen kräftigen Schluck genommen. Erst konnte ich den Geschmack nicht zuordnen, bis ich gemerkt habe, dass es dieser „Soju“ ist.

Der beliebte Reisschnaps?
Genau – und das zum Mittag. Die Flasche habe ich lieber nicht ausgetrunken.

Sind Sie froh, in der Kälte nicht mehr mitlaufen zu müssen?
Ich bin früher ganz gut mit der Kälte zurechtgekommen, auch wenn es unangenehm ist. Die Sportler heute sind es nicht mehr ganz so gewöhnt. Aber mitlaufen möchte ich nicht mehr.

Einer, der gern gestartet wäre, ist Anton Schipulin. Er wurde, wie zwölf weitere russische Sportler, nicht zugelassen. Hat das IOC damit ein Zeichen gesetzt im Skandal um russisches Staatsdoping? Oder ist es schwer nachzuvollziehen, jemanden ohne positive Dopingprobe den Start zu verwehren?
Ganz verstehe ich das nicht. Für mich gehört ein Sportler erst gesperrt, wenn es eine positive Probe gibt. Irgendwie hat man den Eindruck, es wird wahllos entschieden. Ich habe kein eindeutiges Kriterium erkannt. Dass in Sotschi manipuliert wurde, ist ja unbestritten. Aber es muss vor allem geklärt werden, warum in russischen Laboren russische Kontrolleure die Proben von russischen Sportlern überprüfen konnten. Da müssen von der Wada unabhängige Leute eingesetzt werden.

Ihr Mann Andreas Emslander ist als Cheftechniker ebenfalls hier. Wer kümmert sich um Ihre beiden Kinder?
Meine Eltern. Denen ich dafür ganz sehr danke.

Haben Sie als Botschafterin für die WM 2023 in Oberhof schon die Werbetrommel rühren können?
Noch nicht. Die Präsentation soll ja erst am Sonntag im Deutschen Haus stattfinden. Ich habe aber gestern gehört, dass Ole Einar Björndalen und Vincent Defrasne hier gesagt haben, für sie ist das Oberhofer Publikum das tollste aus der Welt. Das klingt doch schon mal gut.

Quelle: Ostthüringer Zeitung vom 14.2.2018 / Marco Alles

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