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    22.03.2010

    "Bislang ging es auch ohne Trauschein"

    Der Zeitung "Freies Wort" gab Kati während des letzten Weltcup-Wochenendes in Oslo ein interessantes Interview. Dabei nannte sie die Gründe für ihr Karriereende und verriet, wie sie sich ihre berufliche und private Zukunft vorstellt. So bestreitet sie am nächsten Wochenende beim Weltcup-Finale ihr letztes Rennen. Eine großartige Karriere geht dann zu Ende.

    Oslo/Suhl - Es stimmt tatsächlich. Seitdem Kati Wilhelm (33) das Ende ihrer Laufbahn angekündigt hat, macht sie einen ruhigen, gelösten Eindruck. Unsere Zeitung konnte sich während eines Telefongesprächs mit der dreifachen Olympiasiegerin, die derzeit in Oslo beim Weltcup weilt, davon überzeugen. Dabei nannte sie die Gründe für ihr Karriereende und verriet, wie sie sich ihre berufliche und private Zukunft vorstellt.

    Freies Wort: Die Entscheidung, Ihre Karriere zu beenden, haben Sie in der kurzen Wettkampfpause nach den Olympischen Spielen getroffen. Wie ist dieser Entschluss gereift, welche Gründe waren ausschlaggebend dafür?
    Kati: Natürlich habe ich mir schon länger Gedanken gemacht, ob und wie es möglicherweise weitergehen wird. Dabei gab es zeitlich eine Deadline bis vor den letzten Weltcups. Zu Hause in Steinbach-Hallenberg habe ich mit meinem Freund, meinen Eltern und meiner Schwester die Situation nochmal ausführlich besprochen. Wir haben alle Vor- und Nachteile abgewägt. Mein Freund hatte mir die Entscheidung überlassen, doch vor allem meine Schwester, durch die ich einst zum Skilanglauf gekommen bin, plädierte mehr gegen die Fortsetzung meiner Karriere.

    Freies Wort: Mit welchen Argumenten?
    Kati Wilhelm: Wie bereits mehrfach gesagt: Ich habe als Sportlerin alles erreicht und muss mir nichts mehr beweisen. Natürlich hatte ich Gedanken, wie ich das Training in der kommenden Saison hätte gestalten können. Und würde die Heim-WM schon 2011 in Ruhpolding stattfinden, wäre das sicherlich ein schöner Abschluss gewesen. Mit dem Rücktritt zum jetzigen Zeitpunkt gewinne ich einfach mehr Zeit für den Übergang in das normale Leben, für anstehende Veränderungen. Ich will relativ zügig mein Management-Studium abschließen und dann eine Familie gründen.

    Freies Wort: Spielte bei der Entscheidung nicht auch die extrem hohe Erwartungshaltung der Öffentlichkeit eine Rolle? Ein vierter Platz wie im Einzel-Rennen bei Olympia zählt anscheinend nichts mehr.
    Kati Wilhelm: Natürlich war das ein Kriterium. Es ist schon bitter und tut sehr weh, wenn es plötzlich heißt, die ist zu alt oder zu langsam. Viele Fans wissen einen vierten Platz und jede gute Leistung zu schätzen, aber es gibt auch andere Beispiele. Bei Olympischen Spielen schmerzt so ein vierter Platz freilich noch viel mehr. Da gibt es nicht einmal einen Blumenstrauß wie bei jedem Weltcup oder bei Weltmeisterschaften.

    Freies Wort: Wie könnte man dem überzogenen Anspruchsdenken entgegenwirken?
    Kati Wilhelm: Schwer zu sagen. Durch die unzähligen Podestplätze in den vergangenen Jahren sind die Zuschauer und Medien natürlich total verwöhnt. Doch bei den Biathlon-Männern hat diesbezüglich bereits ein Umdenken stattgefunden. Viele hätten sich sicherlich über einen dritten Platz der Männer-Staffel in Vancouver gefreut. Unsere Bronzemedaille mit der Staffel war dagegen selbstverständlich, für manchen sogar eine Enttäuschung. Der Frauen-Mannschaft steht nun auch ein Generationswechsel bevor, und ich hoffe und wünsche, dass damit die Erwartungen wieder ein Stück weit in normale Bahnen kommen.

    Freies Wort: Wie schwer fiel Ihnen der Schritt, das Karriereende zu verkünden?
    Kati Wilhelm: Enorm schwer, wenngleich ich seitdem erleichtert total bin. An diesem Tag sind bei mir schon einige Tränen geflossen. Man ist hin- und hergerissen in seiner Gefühlswelt, denn ein prägender Lebensabschnitt geht zu Ende. Krass war, als die Entscheidung plötzlich die erste Meldung in fast allen Nachrichtensendungen war. Das klang fast wie ein Nachruf, aber ich lebe ja noch. Die Landeswelle-Moderatorin hatte einen richtigen Klops im Hals, als sie die Meldung vorlas. Das erfüllt mich im Nachhinein mit viel Stolz und gibt mir das Gefühl, als Sportlerin doch etwas Besonderes geleistet zu haben.

    Freies Wort: Wie stellen Sie sich Ihre private und berufliche Zukunft vor?
    Kati Wilhelm: Die Rücktrittsverkündung ist ja noch ziemlich frisch und in welche Richtung es einmal gehen wird, weiß ich einfach noch nicht. Wie gesagt: Das Studium hat jetzt Vorrang. Acht von 13 Semestern habe ich schon und verschiedene Dinge möchte ich nun in Ruhe vertiefen und professionalisieren. Bisher konnte ich überall nur reinschnuppern.

    Freies Wort: Was speziell möchten Sie vertiefen?
    Kati Wilhelm: Zum Beispiel sind Leistungssportler bei Motivationsseminaren gefragte Partner, und diese Richtung liegt mir ganz gut. Das würde ich gern forcieren.

    Freies Wort: Könnten Sie sich auch vorstellen, bei der ARD als Co-Kommentator tätig zu werden? Ricco Groß wird ja nun Trainer.
    Kati Wilhelm: Auch das wäre auch ein interessantes Betätigungsfeld, doch Gespräche mit mir hat es diesbezüglich noch nicht gegeben.

    Freies Wort: Und privat? Warten Sie auf einen Heiratsantrag Ihres Freundes Andreas Emslander?
    Kati Wilhelm: Ach, es ging bislang auch ohne Trauschein und daran muss man jetzt nicht zwangsläufig etwas ändern.

    Freies Wort: Er war Techniker bei der USA-Mannschaft und zugleich Ihr eigener Servicemann? Bleibt er bei seinem Hauptjob?
    Kati Wilhelm: Ja, das hat nichts mit meinem Rücktritt zu tun. Natürlich wäre es praktisch, wenn ich in anderer Funktion der Biathlon-Szene verbunden bleiben könnte. Dann wäre für mich der Schnitt nicht so groß.

    Freies Wort: Wird es ein Abschiedsrennen geben?
    Kati Wilhelm: Nein, aber eine Abschiedsfeier für die Fans in Steinbach-Hallenberg.

    Freies Wort: Wann?
    Kati Wilhelm: Im Mai oder Juni. Den Termin müssen wir noch genau abklopfen. Es sollen schließlich alle Mädels dabei sein.

    Freies Wort: Einem aktiven Sportler bleibt kaum Zeit für Urlaub oder die Verwirklichung seiner Träume. Haben Sie irgendeinen Wunsch, den Sie sich nach dem Abschluss erfüllen möchten?
    Kati Wilhelm: Mit dem Wohnmobil durch Kanada ziehen. Wir haben das schon einmal in den USA gemacht, doch damals musste ich ja noch nebenbei trainieren. Noch sind wir ja unabhängig für so eine große Tour.

    Quelle: www.freies-wort.de Interview: Thomas Sprafke,