15.01.2019

INTERVIEW: „Es darf nicht passieren, dass man sich nun ausruht“

Kati Wilhelm ist viel beschäftigt. In Steinbach-Hallenberg betreibt die Biathlon-Olympiasiegerin das "Heimatlon", für eine Gesundheitskasse und verschiedene Unternehmen hält sie Vorträge, für die ARD kommentiert sie die Biathlon-Höhepunkte. Am Rande des Weltcups in Oberhof sprachen wir mit ihr.

Aus Oberhof hat diesmal das ZDF gesendet. Also konnten Sie den Weltcup mal genießen?
Ich hatte auch ohne Co-Moderation für die ARD einen vollen Tag. Zunächst mussten die Kinder versorgt werden. Zum Glück helfen mir meine Eltern dabei. In Oberhof habe ich für einen Sponsor, die DKB, gearbeitet. Aber es wird ein entspannter Januar für mich, weil beim Weltcup in Ruhpolding ja Magdalena Neuner die Expertin sein wird.

Wie bewerten Sie die Leistungen der deutschen Biathleten?
Bei den Frauen ist aktuell nicht die Breite da wie zu meiner Zeit. Die Erfolge von Magdalena oder Laura Dahlmeier haben da ein wenig getäuscht. Aber Vanessa Hinz, Franziska Preuß oder Denise Herrmann haben das Po­tenzial, ganz oben mitzulaufen.

Und die Männer?
Die sind gut in den Weltcup gekommen. Arnd Peiffer zeigt stabile Leistungen. Und dass mit Lucas Fratzscher ein junger Oberhofer sein Debüt gegeben hat, ist für Thüringen eine gute Sache.

Mit welchen Ambitionen starten die deutschen Skijäger im März bei der WM in Östersund?
Beide Staffeln sind Medaillenkandidaten. In den Einzelwettbewerben können noch jeweils ein bis zwei Medaillen hinzukommen. Das wäre realistisch.

Bei den Frauen ist keine Thüringerin im Weltcup am Start. Wie bewerten Sie diesen Fakt?
Das tut weh und ist sehr schade. Früher war Oberhof im Biathlon auch bei den Frauen eine Hochburg. Andrea Henkel, Katrin Apel oder ich – wir sind alle Wendekinder. Davon ist nichts mehr übrig. Dabei sind die Bedingungen in Oberhof nach wie vor top. Andere Stützpunkte, wie in Mittenwald, produzieren auch ohne Olympiastützpunkt Top-Leistungen, wie Magdalena Neuner oder Laura Dahlmeier gezeigt haben. Um zu beurteilen, woran es in Thüringen liegt, dazu fehlt mir aber der tiefere Einblick.

Kann die WM 2023 in Oberhof eine Initialzündung sein?
Eigentlich sollte es das gar nicht brauchen. Biathlon kommt jedes Wochenende im Fernsehen und gastiert stets im Januar mit einem Weltcup in Oberhof. Da kann man sich die Biathleten ständig zum Vorbild nehmen. Aber klar ist natürlich, dass die WM für die gesamte Region und ganz Thüringen von großer Bedeutung ist.

Was erwarten Sie von der WM?
Ich sehe sie vor allem als Verpflichtung, neue Dinge anzuschieben, um damit zum Beispiel auch den Tourismus zu entwickeln. Es darf nicht passieren, dass man sich auf dieser WM ausruht.

Wie meinen Sie das?
Es gibt viel zu tun. Ich merke das auch als Unternehmerin. Ich habe immer wieder Gäste, die gar nicht wissen, dass in der Skihalle in Oberhof nicht nur die Leistungssportler trainieren, sondern jeder laufen kann, wer mag. Warum macht man für ein so einmaliges Angebot nicht mehr Werbung; stellt zum Beispiel schon an der Autobahn Schilder auf? Was nützen solche Projekte wie die Skihalle, wenn sie außerhalb Thüringens niemand kennt?

Wo sehen Sie weitere Reserven?
Wenn sich in Oberhof zum Beispiel in den Langlaufloipen die Skater und klassischen Läufer eine Strecke teilen müssen, ist das nicht mehr zeitgemäß. Das gibt es nirgendwo sonst.

Wo sehen Sie Oberhof im Vergleich zu anderen Standorten?
Die Entwicklung ist rasant, niemand schläft. In Nove Mesto wurde ein riesiges Schneedepot gebaut; in Oberhof dagegen ein vergleichsweise kleines an einem aus meiner Sicht ungünstigen Standort. Nun muss im Zuge der WM ein weiteres Depot errichtet werden. Die Investitionen sind unheimlich wichtig. Aber ich würde mir wünschen, Dinge mit mehr Weitsicht und damit mehr Nachhaltigkeit zu entwickeln.

Was sagen Sie zur WM?
Sie soll etwas Besonderes werden, ohne abgehoben zu wirken. Wenn wir es schaffen, eine WM mit einem eigenen, besonderen Flair zu organisieren, dann war es gute Werbung für ganz Thüringen.

Quelle: Thüringer Allgemeine; Axel Lukacsek / 14.01.19

Archiv




Gedruckt von: https://www.kati-wilhelm.de/archivdetails.html