06.09.2017

PORTRÄT: Fasziniert von Kamtschatka, am Knüllfeld daheim

Weit öffnet sich der Blick übers Thüringer Land. Ein Panorama, das man eher zu Füssen der Alpen erwartet. Im Frühling und Sommer eine sattgrüne Wälder- und Wiesenlandschaft. Im Winter wunderbar weiß, weil die Region rund um Steinbach-Hallenberg fast schneesicher ist. Wander- und Radwege, Loipen und mittendrin der Fitness-Parcours für eine Olympiasiegerin, für Kati Willhelm. 13 Stationen für Gymnastik, zum Klettern, Hangeln, Balancieren und für Kraftübungen.

Steinbach-Hallenberg widmete seiner berühmten Tochter diesen Wander- und Radweg als Anerkennung, vor sieben Jahren, als sieihre Karriere als eine der erfolgreichsten Biathletinnen beendete. Aber Kati Wilhelm ist nicht nur hier geboren. Sie ist hier auch zu Hause. Weil sie ihre Heimat liebt.

Die dreifache Olympiasiegerin hat die halbe Welt bereist. "Wenn man lange unterwegs war, wird einem erst bewusst, wie schön es daheim ist. Ich habe faszinierende Länder kennengelernt, insbesondere Skandinavien und Russland beeindruckten mich. Wer kann schonsagen: Ich war in Kamtschatka, habe diese unglaubliche Landschaft und aktive Vulkane gesehen?" Aber sie kehrte nicht nur gerne zurück. Kati gründete hier ihre Familie, betreibt jetzt das Lokal "Heimatlon". Sie schloss ihr Studium "Internationales Management" ab.

Strategisch günstig liegt ihre Heimat für ihre Arbeit als Biathlon-Expertin für die ARD, in wenigen Stunden erreicht sie viele Ziele in Deutschland und ist auch schnell wieder in der Heimat und der Ferienregion "Haseltal".

Geheimtipp Knüllfeld

Wie ernst es Kati Wilhelm mit "ihrem Thüringer Geheimtipp" ist, beweist sie bereits bei der Anreise. Kilometerlang schlängeln sich steile Wege von Steinbach-Hallenberg zum Knüllfeld hinauf. Mit dem Mountainbike erklimmt sie das 678 Meter hohe Plateau. Offensichtlich immer noch gut im Training, schlank, fit und mit einem Lächeln auf den Lippen lehnt sie sich entspannt zurück. Schaut von einer der vielen überdachten Bänke ins Tal und schwärmt für ihreHeimat: "Schon als Kind war ich hier mit meinen Eltern wandern und im Winter kann man mit Langlaufskiern bis Oberhof fahren. Man erreicht diesen Ort auch gut mit dem Auto und oben auf demPlateau lässt sich ohne große Steigungen viel unternehmen. Ich wünschte mir, es würden mehr Einheimische und Touristen diese Region erkunden." Neben dem Skilift gibt es unzählige Bänke und Sitzmöglichkeiten, einen Grill und im Winter sogar einen Imbiss. Doch leider hat die "Waldschenke" geschlossen, sucht wie viele Gasthöfe im Thüringer Wald einen neuen Pächter.

Die Ruhe und Abgeschiedenheit nutzt die 41-Jährige mit ihren zwei Kindern und dem Lebensgefährten Andreas Emslander zum Entspannen und Abschalten. Lotta und Jakob sind fünf und drei Jahre alt. Sie können hier oben mit dem Rad oder auf Skiern unterwegs sein und natürlich rodeln. "Unsere Kinder wachsen in ländlicher Umgebung auf, behütet und beschützt. Ich glaube, hier ist es einfacher, Kinder großzuziehen. In Steinbach-Hallenberg erreichen wir alles fußläufig und es fehlt uns an nichts. Obwohl - ein See in der Nähe würde es perfekt machen."

Vergangenheit und Zukunft

Ehrgeiz, Willensstärke und Konsequenz zeichnen Leistungssportler aus. Sich zu trauen, vorausschauend denken, die Kontrolle behalten und eine schnelle Auffassungsgabe - das seien Kernkompetenzen für Biathleten, so Wilhelm. "Als Sportlerin lernte ich, dass es sich lohnt zu kämpfen, zu investieren, nicht nur in die großen Ziele, sondern auch in die kleinen Etappen auf dem Weg dahin. Natürlich soll der Spaß nicht zu kurz kommen, auch wenn das nicht immer lustig ist", vermittelt sie als Motivationscoach und Referentin zum Thema "Entscheidungen treffen - Ziele erreichen".

Und deshalb wird sie auch ein wenig sentimental, wenn sie an ihre Fans und Unterstützer denkt: "Manchmal waren Fans so gerührt bei einer Begegnung, dass ihnen die Tränen in den Augen standen, nur, weil sie mich trafen. In Russland schenkten mir Menschen einfach so Erinnerungen. Es ist schön, einen bleibenden Eindruck hinterlassen zu haben, das rührt mich sehr." Nachdenklich reagiert sie auf die Frage, was sie mit Glück und Zufriedenheit erfüllt: "Ich betrachte eher die Gesamtsituation, schaue auf das, was ich geschafft habe und auf weitere Herausforderungen. Ich glaube, wir unterschätzen, wie gut es uns und unseren Kindern geht und um wie viele Dinge wir uns einfach keine Gedanken machen müssen."

Kinder liegen ihr am Herzen. Sie kann sich langfristig vorstellen, mit ihnen zu trainieren und Begeisterung für den Sport zu vermitteln. Beim KATICAMP waren jüngst zum fünften Mal die größten Biathlon-Nachwuchstalente Deutschland bei ihr zu Gast in Steinbach-Hallenberg und Oberhof. Dennoch hat Kati Respekt vor einer solchen Aufgabe, denn "man übernimmt viel Verantwortung für andere, sich selber kann man meistens gut einschätzen". Und wer weiß, vielleicht trifft man Kati Wilhelm eines Tages mit einigen Kindern. Auf dem Knüllfeld. Hoch über Steinbach-Hallenberg. Auf Skiern, dem Mountainbike oder zu Fuß. Mit weitem Blick über weitere Achthunderter wie Hohe Möst, Ruppberg und Großer Hermannsberg.

Autorin: Livia Schilling
Erschienen im Magazin "BESSER LEBEN" der Mediengruppe Thüringen

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