07.07.2014

„Das KatiCamp soll ihnen zeigen, dass man an sie glaubt“

Frau Wilhelm, Sie haben in diesem Jahr zum zweiten Mal das KatiCamp veranstaltet. Was gab den Ausschlag, dass Sie sich in dieser Form für den Nachwuchs engagieren?
Kati Wilhelm: Mir liegt der Nachwuchs sehr am Herzen, weil es gerade im Jugendbereich wichtig ist, Sportler zu motivieren, bei Laune zu halten, ihnen zu zeigen, dass nicht alles reibungslos verläuft, sondern man hart für seine Erfolge trainieren muss – und dabei auch Spaß haben kann. Ich erfülle mir mit dem Nachwuchs-Camp einen Traum. Ich wollte schon immer gerne die Erfahrungen aus meiner aktiven Zeit an junge Sportler weitergeben.

Haben Sie bei der Auswahl der Teilnehmer ein gewisses Mitspracherecht?
Wilhelm: Wir haben uns über die Nominierung und den Altersbereich lange Gedanken gemacht und uns schließlich darauf verständigt, die Landesverbände entscheiden zu lassen. Die Verbände verfügen über regionale Ranglisten und können die Leistungen der Jugendlichen sehr gut einschätzen. Viel besser als ich, da ich keinen unmittelbaren Einblick in den Bereich habe. Pro Landesverband sollten zwei Sportler, der beste Junge und das beste Mädchen, eingeladen werden. Außerdem haben wir jedem Landesverband noch eine Wildcard gegeben.

Was erwartet die Teilnehmer während der drei Tage im Camp?
Wilhelm: Sie werden sicherlich nicht automatisch Olympiasieger, nur weil sie einmal mit mir trainiert haben. Das Camp soll ihnen zeigen, dass man an sie glaubt und wir sie auf ihrem Weg unterstützen. Ich will nicht, dass die Athleten erzählen, dass sie bei mir die Waffe anders als im Training halten mussten. Dafür sind die Trainer zuständig, die das Camp übrigens sehr gut annehmen. Aber für kleine Tipps bin ich mir nicht zu schade.

Können Sie aus den Vorträgen beim Camp für sich selbst etwas mitnehmen?
Wilhelm: Der Vortrag von Thomas Lurz hat mich sehr beeindruckt. Er hat uns einen sehr guten Einblick in eine andere Sportart gewährt. Langstreckenschwimmen stelle ich mir psychisch extrem schwierig vor, da ist die Leistung noch höher einzuschätzen. In der Öffentlichkeit wird Thomas Lurz aber kaum wahrgenommen. Anders als im Biathlon, die Sportler erfahren eine ganz andere Anerkennung. 

Thomas Lurz griff in seinem Vortrag unter anderem das Thema Motivation auf. Wie haben Sie sich jeden Tag motiviert?
Wilhelm: Es gab natürlich auch Tage, an denen es schwierig war, sich zu motivieren. Da wollte ich am liebsten nicht vor die Tür gehen. In den Momenten war es schön, dass ich eine Trainingsgruppe hatte und einem auch mal der Trainer in den Hintern getreten hat. Am einfachsten war es immer dann, wenn du ein Ziel hattest, auf das du hinarbeitest. Wenn du dieses Erfolgserlebnis hattest, dann weißt du, wie es sich anfühlt. Ich wollte das Gefühl immer wieder haben.

Können Sie sich eigentlich noch an Ihren ersten Wettkampf erinnern, bei dem Sie ganz oben auf dem Podest standen?
Wilhelm: Ich weiß nicht, ob es der erste war, aber es war ein Crosslauf in unserem Nachbarort. Ich bekam als Siegerin eine Biertulpe. Ich war immer ganz stolz darauf, sie stand bei uns ganz lange in der Vitrine. Deswegen ist es im Nachwuchsbereich ganz wichtig, für Leistungen eine Anerkennung erhalten. Sei es nur, dass man dem Nachwuchs die Hand schüttelt und seine Anerkennung ausspricht.

War es für Sie damals die größte Herausforderung vom Langlauf- ins Biathlonlager zu wechseln?
Wilhelm: Es war ein komplettes Wagnis. Ich wusste nicht wie es ausgeht, aber ich habe es probiert. Im Langlauf war ich damals nicht zufrieden. National lief es ganz gut, aber international überhaupt nicht. Das hat mich schon gestört, vor allem wenn man sah, was man im Training investiert hatte. Die Biathleten kamen immer nach Hause und hatten Medaillen um den Hals. Ich habe mir gedacht, dass will ich auch erleben.

Sie haben sich für den Wechsel einen Zeitraum von drei Jahren gesetzt.
Wilhelm: Ja, das war damals ein ungeschriebenes Gesetz, wenn man bis 25 Jahren nicht in der A-Mannschaft gekommen ist, dann bekommst du keinen B-Status mehr. Ich war damals 22 als ich zum Biathlon gewechselt bin und habe mir immer wieder gesagt, dass ich es bis dahin schaffen will, weil ich sonst auch keine Förderung mehr bekommen hätte. Aber ich habe die Situation völlig unterschätzt und habe anfangs nicht nur mehr Fehler als die anderen geschossen, sondern auch viel länger gebraucht. Doch ich habe früh von den Trainern die Rückmeldung bekommen, dass ich mich gar nicht so schlecht anstelle. Ich habe dann ein bisschen mehr trainiert als die anderen, weil ich auch etwas aufholen musste.

Und Sie haben geschafft. Hätten Sie sich das jemals träumen lassen?
Wilhelm: Damals hatte ich mir gesagt, dass die Olympischen Spiele 2002 in Salt Lake City zu früh kommen. Es war erst meine dritte Biathlon-Saison. Ich wusste, ich eine Einzelmedaille holen, um fest in die Mannschaft zu kommen und die Staffel mitzulaufen. Das war mein Ziel. Vorher weiß man es natürlich nie, aber ich habe alles probiert und alle Reserven ausgeschöpft, um es zu schaffen – und es hat geklappt.

Das Interview führte Sandra Arm mit Kati Wilhelm.

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