04.01.2014

Oberhof: "Schönster und anstrengendster Weltcup"

An Oberhof hat Kati Wilhelm gute Erinnerungen. Nicht nur, weil sie hier selbst zweimal gewann. Was macht das Oberhofer Flair aus? Gibt es am Wochenende Podestplätze für die Deutschen? Und was wird Andrea Henkel wohl fühlen? Ein Interview mit der Ex-Weltmeisterin.

Vor einer Woche fand Biathlon in einem Fußballstadion vor rund 50.000 Zuschauern statt. Nun werden in Oberhof an drei Tagen insgesamt rund 100.000 Zuschauer erwartet. Ein Event jagt das nächste. Was ist für die Sportler attraktiver?
Kati Wilhelm: "Man kann beides nicht vergleichen, Biathlon 'AufSchalke' ist ein Einladungsrennen und hat eher Showcharakter. Ich fand das dort immer als gute Generalprobe für die Rennen in Oberhof und Ruhpolding, die beide sehr stimmungsvoll sind. Schalke und Oberhof sind beide sehr aufregend. Aber nur hier in Oberhof ist es ernst, hier geht es um Weltcuppunkte und die Olympia-Qualifikation."

Was macht das besondere Biathlon-Flair von Oberhof aus?
"Es ist das Größte. Es ist der schönste Weltcup, aber auch der anstrengendste für die deutschen Athleten. Die Fans sind wahnsinnig. Ich habe grad zwei von ihnen getroffen. Diese stellen sich um 9 Uhr an den Eingang, damit sie um 11 Uhr bei Öffnung der Tore auf ihren Tribünenplatz ganz nach vorne kommen. Das gibt es sonst nirgends. Hier kommen Vollblut-Biathlon-Fans her."

Dafür hat Oberhof auch ein spezielles Wetter. Nicht gerade optimal, oft Nebel, oft Wind. Wie kann man das beschreiben?
"Es sind nicht gerade optimale Bedingungen. Da muss man sich als Athlet einstellen. Da sollte man nicht nur ein Nebelkorn dabeihaben. Die erfahrenen Athleten wissen aber, damit umzugehen."

Wie ist die Strecke in Oberhof einzuschätzen?
"Die jetzt präparierte 2,5-Kilometer-Runde zählt zu den schwierigsten im gesamten Weltcup. Da ist ein langer Anstieg drin, die müssen die Herren in ihren Rennen teilweise doppelt hintereinander laufen. Das ist durchaus ungewohnt."

Sind vor allem laufstarke Sportler im Vorteil?
"Nicht wegen der Strecke. Gerade beim Sprint am Freitag kommt es ja ohnehin auf das Laufen an. Da durch die beiden 2,5-km-Runden teilweise fünf Kilometer am Stück gelaufen werden müssen, sind eher die bevorteilt, die auch mal einen Langlaufwettkampf machen, also konditionell solche Belastungen gewöhnt sind."

Im deutschen Team haben mit Miriam Gössner und Andreas Birnbacher zwei prominente Athleten die Olympianorm noch nicht. Schaffen die beiden das hier in Oberhof?
"Andi Birnbacher hat hier ja schon gewonnen. Das ist sein Anspruch und dazu ist er in der Lage. Aber leider klappt es mit dem Schießen im Moment gerade nicht. Ich hoffe einfach, dass er ein gutes Rennen macht und dann locker im Kopf wird. Miriam hat immer noch Schmerzen, wenn sie in den Anschlag geht. Es ist schwer einzuschätzen, wie stark sie das behindert. Ich glaube, bei ihr wird wichtig sein, dass sie akzeptiert, dass es zwickt und sie die Einstellung hat: 'Ich will es versuchen.' Läuferisch klappt es deutlich besser als erwartet, auch sie muss im Schießen nachziehen."

Wie werden sich die Deutschen generell am Wochenende schlagen?
"Ich bin keine gute Hellseherin. Aber die Herren hatten ja vor Weihnachten sehr gute Ergebnisse. Da erwarte ich Platzierungen in Podest-Nähe. Bei den Damen hoffe ich, dass bei Andrea Henkel zu Hause der Knoten platzt. Laura Dahlmeier läuft ja den Massenstart, da ist was drin. Und bei Franziska Preuß könnte im Verfolger was gehen."

Andrea Henkel hat ihre letzten Rennen vor ihrem heimischen Publikum. Was wird in ihr vorgehen? Steht sie nicht unter einem unheimlichen Druck?
Ich glaube, der größere Druck besteht bei Andrea darin, dass sie seit 2007 in jedem Jahr hier auf das Podest gelaufen ist. Diese Serie soll natürlich im letzten Jahr nicht brechen. Gerade auch, weil die ersten Saisonrennen nicht so gut waren. Ich glaube, sie wird ihren Abschied hier genießen und die Stimmung aufsaugen.

Das Publikum und der Enthusiasmus hier sind ja schon angesprochen worden. Ist es nicht auch ein bisschen nervig, keinen Schritt unbeobachtet machen zu können?
"Im Rennen nimmt man das gar nicht so wahr. Und wenn, dann ist es ein geniales Gefühl. Dass man beobachtet wird, gehört einfach dazu, wenn man Spitzensportler ist. Damit beschäftigt man sich nicht."

Quelle: ARD Sportschau; Mit Kati Wilhelm sprach Dirk Hofmeister.

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