15.11.2013

Kati und Verena Bentele im "Duell"- Mit den Ohren zielen

München – Verena Bentele und Kati Wilhelm demonstrieren, wie das Schießen beim Biathlon für blinde Sportler funktioniert. Kati Wilhelm beschrieb den Kern ihrer neuen Schießerfahrung so: „Man muss den richtigen Ton finden.“ Erstmals versuchte die dreifache Biathlon-Olympiasiegerin, mit von einer undurchsichtigen Brille, also quasi blind, eine Scheibe zu treffen. Und zwar mit einem Spezialgewehr, das normalerweise blinden Behindertensportlern für die Titeljagd dient. Vier Monate vor den Paralympics in Sotschi demonstrierte die frühere Weltklasse-Athletin auf diese Weise, wie man sozusagen mit den Ohren zielt. An ihrer Seite befand sich auf der Schießanlage in Garching-Hochbrück eine Sportlerin, die in dieser Disziplin gar zum Star aufstieg: Verena Bentele, zwölffache Goldmedaillen-Gewinnerin (Biathlon, Skilanglauf) bei Paralympics.

Die blinde Wahlmünchnerin hat zwar 2011 ihre Karriere beendet, aber ihr Fitness-Programm hat es immer noch in sich. In diesem Jahr bestieg sie Afrikas höchsten Berg, den Kilimandscharo (5895 m). Zusammen mit zwei Begleitern kletterte Verena Bentele zudem als erste Blinde auf den Mount Meru (4500 m). Und beim Trondheimer Rad-Marathon bewältigte sie 540 km in 22 Stunden. Dass die frühere Seriensiegerin auch noch am Schießstand mit großer Zielsicherheit aufwarten kann, bewies sie nun in Garching-Hochbrück.

Geschossen wurde allerdings nicht mit Kugeln. Vielmehr funktionierte die Biathlon-Anlage über ein akustisches Infrarotsignal. Die zehn Meter entfernte elektkronischen Scheibe visiert man mit dem Gehör an. Bentele erklärte das System so: „Wenn man daneben zielt, hört man über die Kopfhörer ein tiefes Tock-Tock. Nähert man sich der Scheibe, so gibt es ein hohes Piepen. Auf einen Treffer folgt ein Klingelton. Nach einem Fehlschuss macht es kurz ,blopp’.“ Bei Bentele leuchteten bei allen drei Fünfer-Serie grüne Lämpchen auf, während Kati Wilhelm erst nach Startschwierigkeiten den richtigen Ton fand. „So ganz dumm habe ich mich nicht angestellt“, bilanzierte die Thüringerin, um im gleichen Atemzug höchstes Lob zu zollen: „Was Behindertensportler leisten, ist schon der Wahnsinn.“

Bei den Paralympics in Sotchi wird Verena Bentele erstmals als TV-Kommentatorin in Aktion sein. „Ich kann mir die Wettkämpfe wenigstens live anschauen – und muss nicht vor dem Fernseher auf der Couch rumflezen. Das wäre schon schlimm gewesen“, sagte sie zu ihrer neuen Reporter-Rolle.

Mit Bedauern kommentierte die 32-Jährige dagegen, dass aufgrund des 0:4 im Bürgerentscheid 2022 weder Winterspiele noch Paralympics in München stattfinden werden. „Es ist nicht gelungen, den Leuten das Gefühl und die Werte von Olympia und Paralympics zu vermitteln“, so Bentele. Dabei hätte man zuletzt bei den Sommerspielen in London 2012 erlebt, welche Begeisterung im Zeichen der fünf Ringe entfacht wurde: „Da brach ein richtiges Paralympics-Fieber aus. Das hätte ich mir auch für München gewünscht.“

Von Armin Gibis
Quelle: OVB online

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