13.02.2014

Damen-Verfolgung – "Schlimmer konnte es nicht laufen"

Vier olympische Biathlon-Rennen sind vorbei. Die deutschen Athleten warten weiter auf die erste Medaille. Vor allem das Debakel bei der Damen-Verfolgung tat richtig weh. sportschau.de sprach mit ARD-Expertin und Ex-Olympiasiegerin Kati Wilhelm über die Gründe, das richtige Krisenmanagement und den möglichen Rücktritt von Uwe Müßiggang.

sportschau.de: Frau Wilhelm, das war ja ein richtiges Debakel am Dienstag bei den Biathlon-Damen. Haben Sie schon Kontakt zu den deutschen Biathletinnen gehabt?
Kati Wilhelm:
Zu den Sportlerinnen nicht, aber mit dem Damen-Disziplintrainer Gerald Hönig und Technikern habe ich sprechen können. Die Stimmung ist natürlich am Boden. Schlimmer hätte das Rennen nicht laufen können. Die Trainer rätseln, woran es gelegen hat. Die Sportlerinnen tun mir richtig leid.

Die Staffel ist die größte Medaillenbank

sportschau.de: Wie kann man so etwas verarbeiten?
Wilhelm: Die Enttäuschung ist jetzt groß. Nun darf es aber nicht darum gehen, Fehler aufzudecken. Das ist zu spät, jetzt kann man nicht mehr viel ändern. Es sollt darum gehen, solche Rennen abzuhaken und sich zu sagen: "Ich habe es dieses Jahr schon mal besser gekonnt." Andrea ist zudem nicht so richtig fit. Sie sollte über eine Pause nachdenken, so weh das auch tut. Damit man wenigstens für die Staffel die Kräfte schont. Die Staffel ist die größte Medaillenbank.

sportschau.de: Wie sieht Ihre Fehleranalyse für die Rennen der Damen aus?
Wilhelm: Viele Sportler sagen, dass die Höhe hier viel unangenehmer ist, als an anderen Orten mit gleicher Höhe. Offenbar haben manche hier größere Probleme, das zu verarbeiten. Bei den Damen wirken zudem besonders die jungen Franziska Preuss und Laura Dahlmeier läuferisch nicht ganz frisch. Sie machen einen müden Eindruck. Die beiden haben zudem nicht die Erfahrung, wie man sich auf einen Großevent vorbereitet.

sportschau.de: Hat sich das deutsche Team möglicherweise nicht optimal vorbereitet, vor allem, was die klimatischen Voraussetzungen hier betrifft?
Wilhelm:
Ich verstehe, dass man sich auf der Suche nach einer Erklärung so eine Frage stellt. Es macht aber natürlich Sinn, dahin zu gehen, wo man sich wohl fühlt und mit der Strecke auskennt, wo man den Anlauf am Schießstand nachempfinden kann. Daher war es nicht falsch, dass die Vorbereitung in Ridnaun in Südtirol gemacht wurde. So wie es aussieht, hat aber leider nicht alles gepasst. Sonst ständen wir nicht vor den jetzigen Problemen.

sportschau.de: Am Donnerstag geht es mit Rennen weiter. Wie würde Kati Wilhelm als Trainerin jetzt handeln?
Wilhelm:
Bei den Damen muss man Vorsicht walten lassen. Franzi Preuss und Laura Dahlmeier braucht man für die Staffel, sie sind zwei sichere Schützinnen. Die beiden sollte man eventuell schützen, vor allem bei Franzi hoffe ich, dass sie Pause macht.

Henkel steckt in einer schwierigen Situation

sportschau.de: Sollte Andrea Henkel trotz Infekt im Einzel starten?
Wilhelm:
Sie steckt in einer schwierigen Situation. Sie wird sich sicher fragen, ob es klug war, im Sprint und der Verfolgung zu starten. Vielleicht wäre sie ohne Start jetzt schon wieder fit. Sie sollte das im Nachhinein aber nicht mehr infrage stellen, sondern jetzt eine Entscheidung fällen, was Einzel und Massenstart betrifft und mit dieser Konsequenz in die nächsten Rennen gehen. Meiner Meinung nach sollten die Trainer sie mit Rücksicht auf die Staffel nicht im Einzel starten lassen. Wenn man nicht hundertprozentig fit ist, macht ein Einzel keinen Sinn.

sportschau.de: Am Mittwoch ging die Meldung über die Ticker, dass Bundestrainer Uwe Müßiggang über einen Abschied im Sommer nachdenkt …
Wilhelm:
Er hatte uns Sportlerinnen gegenüber bereits nach Vancouver gesagt, dass er sich mit dem Gedanken an einen Rücktritt trägt. Der Posten als Gesamt-Bundestrainer war daher möglicherweise eine Entscheidung, zum einen Gesamt-Verantwortung, zum anderen aber auch Abstand zum konkreten Geschehen zu bekommen. Ein kompletter Abschied könnte jetzt ein weiterer logischer Schritt sein. Ich würde das nicht mit dem aktuellen sportlichen Abschneiden hier bei Olympia in Verbindung bringen.

Quelle: ARD Sportschau / Von Dirk Hofmeister, Laura-Biathlon-Zentrum, Krasnaja Poljana

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